Donnerstag, 25. November 2010

"Die Kelten" im Neuheidentum

Zahlreiche Druidenorden existieren auf der ganzen Welt. Ihre Mitglieder versuchen im neuheidnischen Geist eine Art wiederbelebte "keltische" Religion modernen Zuschnitts zu leben. Vielen ist dabei die möglichst genaue Kenntnis des "Originals" wichtig, andere fügen einige bekannte Teile bewusst zu etwas Neuem zusammen. Es geht um ein gutes Verhältnis zur Natur, um Selbstfindung, um gelebte Spiritualität abseits der etablierten Kirchen, aber auch um Heimatverbundenheit (was in manchen Fällen Richtung rechtes Gedankengut driften kann, aber keineswegs immer muss). Die antiken Druiden sind Vorbilder.
Keltisch orientierte NeuheidInnen versuchen also, möglichst viel über die Vergangenheit herauszufinden und bedienen sich dabei der gleichen Quellen, die auch WissenschaftlerInnen nutzen: archäologische Funde, antike Texte, usw. Sie verbinden diese Quellen allerdings zu einem (aus wissenschaftlicher Sicht) etwas abenteuerlichen Bild. "Die Kelten" und ihre Druiden werden oft recht schwärmerisch als naturverbundene frühe Krieger-Philosophen dargestellt, denen es nachzueifern gilt. An sich ist dagegen nichts einzuwenden: jeder und jede kann sich natürlich sein/ihr eigenes Bild der Urgeschichte und der "Keltenzeit" machen, um daraus moderne (neuheidnische) Weltbilder zu gestalten. Als Archäologin muss ich darauf hinweisen, dass die meisten archäologischen (und sonstigen wissenschaftlichen) Bezüge, die in neuheidnischen Büchern hergestellt werden, meistens nicht dafür geeignet sind, das zu beweisen, was jeweils gerade bewiesen werden soll.


Gundestrupkessel, Nationalmuseum Kopenhagen (J. Leskovar)
Ein Beispiel: In vielen keltisch orientierten neuheidnischen Büchern wird der sog. Gundestrupkessel (ein Silberkessel mit reichen szenischen Darstellungen (1.Jh.v.Chr.), gefunden in einem dänischen Moor, der aber sicher ursprünglich nicht aus Dänemark stammt, aber aufgrund der Motive auch in der Fachliterur oft als "keltisch" bezeichnet wird) erwähnt. Eine typische Vergleichskette wäre dann die Beschreibung hallstattzeitlicher (7./6. Jh.v.Chr.) Gräber, in denen irgendwelche Kessel gefunden wurden, sowie ein Hinweis auf irische Sagen, in denen Kessel eine Rolle spielen. Vóila: Für Kelten waren Kessel ungemein wichtig und Gegenstand spiritueller Handlungen.
Archäologische Inhalte unterschiedlichster Räume und Zeiten auf diese Weise zu vermischen, führt aber nicht unbedingt zu einem sachlich sinnvollen Ergebnis (= Wissen über die Vergangenheit), sondern bestätigt nur, was man gerne bewiesen haben möchte.

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